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Serien

Dude Bros mit Maultier: Foundation (Apple TV) ist in die 3. Staffel gestartet

von Mario Donick

27.07.2025

Apples Streamingserie Foundation ist in die 3. Staffel gestartet. Nach zwei Folgen Exposition nimmt die Handlung in der dritten Folge an Fahrt auf. Besonders schön: Gaal Dornick (Lou Llobell) darf endlich aus dem Schatten ihres Mentors Hari Seldon (Jared Harris) treten.

eine junge Frau blickt geduldig und konzentriert auf eine nur leicht angeschnitten sichtbare andere Person im Bildrand

Foto: Apple TV+ Press

Apple TVs Foundation (seit 2021) ist eine schwierige Serie. Einerseits haben wir ein die ganze Galaxis und viele Jahrhunderte umspannendes Historiendrama, dessen dreiteilige Buchvorlage (Isaac Asimov) sich an Edward Gibbens The History of the Decline and Fall of the Roman Empire orientiert. Die Serie bietet bekannte Schauspieler (u.a. Lee Pace und Jared Harris) und gehört visuell zu den besten Serien der letzten Jahre. Alles fühlt sich sehr episch an.

Andererseits eignet sich der Stoff nur schlecht zur Verfilmung. Zu kurz sind im Buch die zeitlich weit auseinanderliegenden Einblicke in einzelne Ereignisse des tausendjährigen Verfalls des galaktischen Imperiums; zu fokussiert auf zentrale Krisen sind die Momentaufahmen der namensgebenden Foundation, die gegründet wurde, um die Folgen des Verfalls zu mildern.

Zwar sind die Figuren und ihre Beziehungen in der Serie interessanter ausgearbeitet als es der schriftstellerisch eher inselbegabte Asimov hinbekam. Doch dadurch muss die Serie auch in sehr kurzer Zeit viel nachholen. Das führte vor allem in der ersten Staffel zu viel Exposition und zu holprigem Pacing.

Daher war ich damals skeptisch, ob sich Foundation lange halten würde. Offensichtlich habe ich mich geirrt; schon die 2. Staffel war am Ende ziemlich spannend.

Dicht an der Vorlage?

Im Zentrum der neuen 3. Staffel steht "das Maultier", ein sadistischer Kriegsherr, der dank einzigartiger telepathischer Fähigkeiten einen Planeten nach dem anderen erobert und den ohnehin unvermeidlichen Verfall des Imperiums zu beschleunigen droht. Zusammen mit seinem Barden Magnifico Giganticus (Tómas Lemarquis) unterwirft das Maultier den Planeten Kalgan, hält die kleine Tochter des ursprünglichen Herrschers als Geisel, veranstaltet wilde Techno-Partys und tötet äußerst brutal Soldaten, die ein Sprungtor bewachen. Der aus Game of Thrones bekannte Schauspieler Pilou Asbæk stellt das Maultier sowohl skurril als auch bedrohlich dar.

Standbild aus Foundation; ein intensiv starrender Mann sitzt in einem Lichtwirbel
Das Maultier (Pilou Asbæk); Bild: Apple TV+ Press

Zumindest nach drei Folgen scheint sich die Staffel beim Handlungsstrang um das Maultier recht eng an die Buchvorlage zu halten; das fällt auf, da die Serie bislang sehr frei mit dem Stoff umgegangen ist. Man darf gespannt sein, ob auch die wichtige Enthüllung dieses Strangs es in die Serie schafft, oder ob die Geschichte da Überraschungen bereithält.

Gespannt sind auf jeden Fall die Leute der Foundation, denn der Psychohistoriker Hari Seldon (Jared Harris) hat eine Figur wie das Maultier in seinen Berechnungen zur Zukunft des Imperiums nicht vorhergesehen. Die Foundation könnte sogar selbst vom Maultier bedroht sein. Foundation und Imperium müssen nun sehen, wie sie mit der unerwarteten Bedrohung fertig werden.

Gaal darf endlich selbstbestimmt sein

Zu dem Zweck haben sich Hari Seldon und seine Schülerin Gaal Dornick (Lou Llobell) am Ende der zweiten Staffel über knapp zwei Jahrhunderte einfrieren lassen. Zu Beginn der dritten Staffel wird im Schnelldurchlauf gezeigt, dass die beiden zwischendurch alle paar Jahre aufwachten, um eine Zweite Foundation (die als im Geheimen agierender Korrekturfaktor für die Erste Foundation geschaffen wurde) für den Kampf gegen das Maultier vorzubereiten. Sehr gut: Hari Seldon gibt seine Funktion im Laufe der Zeit aus Altersgründen auf [Harris-Fans bekommen den Schauspieler aber weiter in seiner Rolle als Seldon-Hologramm zu sehen]. Gaal übernimmt die Führung der Zweiten Foundation.

Das ist eine sehr gute Entscheidung, denn zwei Staffeln lang wurde Gaal von Seldon manipuliert und im Dunklen gelassen, was zwar im Rahmen der Serienhandlung Sinn ergab, aber beim Zuschauen mitunter genervt hat. Endlich darf Gaal selbstbestimmt handeln. Wie gut sie das macht, deutet sich am Ende der zweiten Folge der neuen Staffel an, in der sie einen der drei gemeinsam herrschenden Kaiser in der galaktischen Version eines Zoom-Calls an- und zum Handeln aufruft.

In der dritten Folge sehen wir dann in einem Rückblick, wie das erste Treffen Gaals mit "Bruder Morgen" (die junge Version der drei kaiserlichen Klone) ablief. Das ist eine ganz andere Gaal als bisher - selbstbewusst, ohne Angst und offenbar mit einem klaren Ziel. Lou Llobel bringt das sehr gut rüber; es fühlt sich beim Zusehen fast befreiend an.

Dude Bros

Die geklonten Kaiser sind eine reine Erfindung für die Serie; sie kommen in der Vorlage nicht vor. Es ist bezeichnend, dass viele Zuschauer*innen der ersten beiden Staffeln wegen ihnen blieben, statt wegen des mitunter konfus erzählten Foundation-Handlungsstrangs. Alle Klone tragen den Namen Cleon, benannt nach Cleon I., der sich mit diesem Trick zig Generationen zuvor quasi unsterblich gemacht hat.

Die Cleons sind alle gleichzeitig als "Bruder Morgen" (Cassian Bilton), "Bruder Tag" (Lee Pace) und "Bruder Dämmerung" (Terrence Mann) in unterschiedlichen Lebensphasen präsent. Nach dem (stets bewusst herbeigeführten) Tod des ältesten (Bruder Dämmerung) rücken die jüngeren Brüder nach (Morgen wird zu Tag, Tag zu Dämmerung) und ein neuer Morgen wird aus den Klonanlagen geboren.

Standbild aus Foundation; Ein junger, ein mittelalter und ein alter Mann sitzen jeweils auf einem Thron, nebeneinander, die Köpfe nachdenklich auf die Hände gestützt
Bruder Morgen (links, Cassian Bilton), Bruder Tag (Mitte, Lee Pace), Bruder Dämmerung (rechts, Terrence Mann); Bild: Apple TV+ Press

Erinnerungen werden kuratiert und an die Nachfolger weitergegeben, aber charakterlich unterscheiden sich die Klone dennoch teils stark. Die Herausforderung an die drei Schauspieler ist daher, in relativ kurzer Zeit die Individualität der Klone herauszuarbeiten, sie aber gleichzeitig als staffelübergreifende Bezugspersonen für die Zuschauer*innen aufrechtzuerhalten. Das gelingt in der dritten Staffel noch besser als zuvor - was auch daran liegt, dass ihre Menschlichkeit stärker hervortritt.

Lee Pace' Bruder Tag ist in jeder Staffel ein ganz anderer Mensch. Der relativ vernünftige Kaiser der ersten Staffel und der brutale Gewaltherrscher der zweiten Staffel sind aktuell einer amüsant-tragischen Figur gewichen, die mittlerweile mit dem "Dude" aus The Big Lebowski verglichen wird. Dieser Tag ist mehr an gechilltem Drogenkonsum im Bademantel und einem friedlichen Leben mit seiner Freundin interessiert als an Regierungsarbeit.

Dadurch muss Bruder Morgen früher als geplant an Tags Position treten -- was Cassian Bilton endlich Gelegenheit gibt, mehr zu zeigen als einen zwar privilegierten, aber unsicheren Teenager. Auch Bruder Dämmerung sieht seine Chance -- als Berater für den jungen Nachfolger kann er vielleicht dem bald bevorstehenden Tod entkommen (...zur Sicherheit hat er sich aber auch heimlich einen Todesstern gebaut, weil ... er es kann?)

Alte Herren und ihre Geschichten

Die Cleon-Bros haben eine recht anrührende Szene, in der sie im Thronsaal sitzen und Bruder Morgens baldigen Aufstieg mit ein paar kräftigen Zügen aus Bruder Dämmerungs Flachmann feiern. Hier sieht man die Brüder, soweit ich mich erinnere, das erste Mal in einer fast gewöhnlichen familiären Situation. Das ist für sich genommen schön und auch etwas traurig, da sie in ihrem goldenen Käfig, ständig überwacht von Demerzel (ebenfalls sehr gut: Laura Birn), nur wenig Freiheiten haben.

Die Szene drückt aber unfreiwillig aus, wofür Foundation insgesamt steht. Drei alte weiße Männer (auch Morgen hat ja Erinnerungen vieler Jahrhunderte in sich) sehen trinkend, lachend, aber wehmütig dem Ende des Kaiserreichs entgegen. Doch ist dieses Ende nicht ersehnt, es wird als Katastrophe dargestellt. Sein Zerfall wird mit dem Verlust von Ordnung, Wissen und der Isolation von Planeten verbunden und daher auch von der Foundation bedauert.

Dieser bedauernde Blick auf den Untergang von Weltreichen ist bislang wenig relevante Science Fiction für das 21. Jahrhundert, das mit seinen eigenen Neoimperialismen umzugehen hat und vielleicht gerade andere Geschichten bräuchte. Das Setting aus Buch und Serie müsste man dafür nicht wegwerfen -- nur andere Fragen stellen.

Etwa: Ist es moralisch geboten, ein oft brutales Regime zu beenden, damit die von ihm unterdrückten Bürger*innen die Chance haben, selbst über ihr Schickal zu bestimmen? Oder ist das Risiko inakzeptabel, dass die Menschen dabei irgendwann in ein vor-interstellares Zeitalter zurückfallen und auf Einzelplaneten (aber immerhin lebendige Welten mit allem, was Menschen brauchen) isoliert wären?

Ist es moralisch geboten, dass alle zu einer Zeit lebenden Menschen in der Lage sein müssen, zueinander Kontakt aufzubauen, zueinander zu reisen oder Ressourcen anderer Welten abzubauen? Wie würde das Leben in den verschiedenen isolierten Welten aussehen, wie würden sich Gesellschaft, Politik, Kultur, Religion entwickeln?

Die Chance zu solchen Experimenten wird leider weder im Buch noch, bisher, in der Serie genutzt. In späteren Büchern diskutiert Asimov zwar, ob für die Menschheit das Leben in der merkantilen Foundation besser ist als ein Aufgehen der Menschheit in einem galaktischen Superorganismus (Galaxia; da hat Asimov esoterische Lesarten von James Lovelocks und Lynn Margulis Gaia-Hypothese genutzt). Aber das ist auch eher was für die 1970er und bietet wenig Anregungen für uns heute lebende Menschen.

Science Fiction, die uns den Spiegel vorhält, ist Foundation also nicht. Als unterhaltsames Märchen taugt die Serie aber in der dritten Staffel bislang mehr als früher. Sie sieht toll aus, ist spannend (Maultier, Imperium & Foundation); sie macht auch zwischendurch einfach Spaß (Lee Pace' dauerbekiffter Brother Dude). Sieben Folgen haben wir in dieser Staffel noch vor uns; eine vierte Staffel ist bereits bestätigt.

 

Feedback zum Artikel

Ein Kommentar per Mail von Stefan Hetzel (stefanhetzel.wordpress.com, externer Link)

Bin jetzt am Ende der 2. Staffel und hin- und hergerissen zwischen Bewunderung und Irritation. Meine Bewunderung gilt der Visualität und dem ausgezeichneten Schauspiel. Was mich irritiert, ist die allgemeine Reversibilität, die die Handlung durchzieht: Da werden erst ganz klassisch äußerst tragische Tode von zwei Figuren (Seldon, der Mann des Generals) inszeniert, man geht emotional mit – und dann, ätsch, wird schnell irgendein Trick aus dem Hut gezaubert, der alles rückgängig macht. Speziell zum Ende der zweiten Staffel nahm das auf unangenehme Weise überhand. Die AutorInnen verspielen mit dieser "Is doch eh alles Wurscht, oder?"-Strategie ihr erzählerisches Kapital. Eine selbstzerstörerische Art, eine Serie vorwärtszutreiben. Man bleibt ja dran, weil man das, was geschieht, ernst nimmt. Und, wenn ich das richtig verstehe?, ist "Foundation" (die Serie, die literarische Vorlage kenne ich nicht) ja gerade *kein* postmodernes narratives Verwirrspiel, sondern ein SF-Update des klassischen Sandalenfilms, also sozusagen "Ben Hur" oder "Spartakus" unter psychohistorischen Nebenbedingungen.

Und, ja, ich verstehe, das exakt diese Reversibilität Teil des SF-Metanarrativs ist, innerhalb dessen sich "Foundation" überhaupt erst entspinnen kann. Aber die zeitlosen Gesetze spannenden Erzählens werden nun mal auch durch die Quantenmechanik nicht außer Kraft gesetzt. Man könnte fast den Eindruck bekommen, dass der wiederholte Tod und die Wiederauferstehung von (Haupt-)Figuren hier lediglich von einer gewissen Faulheit der AutorInnen zeugt, die die Dinge ja auch mit etwas subtileren Mitteln am Köcheln halten könnten, aber das würde halt mehr Arbeit machen!

 

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