Gestern habe ich auf dem Weg zur Arbeit ein paar Fotos mit der schlecht auflösenden Kamera meines neuen Handys (Handy, nicht Smartphone) gemacht, insbesondere vom Breiten Weg, Magdeburgs wichtigster Straße in der Innenstadt. Hierzu ein paar Gedanken.
Der einstmals als barocke „Prachtstraße“ bekannte Breite Weg wird heute durch ein Sammelsurium unterschiedlicher Stile dominiert — meist eine Mischung aus Nachwendebauten und DDR-Plattenbau, dazwischen einzelne Gebäude in Bauhaus-Tradition und wenige erhaltene Gründerzeitbauten. Nur der Hasselbachplatz am Südende des Breiten Wegs und die teils parallel zum südlichen Breiten Weg verlaufende Hegelstraße bieten konsistentes und fast vollständig saniertes Gründerzeitflair.
Ursache für diese mitunter als deprimierend zu empfindende Gesamtsituation sind Zweiter Weltkrieg und vierzig Jahre DDR. Die historische und ursprünglich dicht bebaute Innenstadt Magdeburgs wurde im Zweiten Weltkrieg durch Bombenangriffe zerstört. Das Areal wurde in der DDR im Sinne sozialistischer Städteplanung durch breite Straßen und große Aufmarschplätze gegliedert und zunächst im Stil des sozialistischen Klassizismus („Stalinbauten“) und später durch Plattenbauten bebaut.
Derzeitige Bebauung
In der Nachwendezeit entstanden ebenso nüchterne Zweckbauten — zwei überdimensionierte Shoppingmalls und diverse Geschäftshäuser. (Etwas detaillierter habe ich das in Teil IV der „Head Canon“-Reihe beschrieben und aus phänomenologischer Sicht kommentiert, v.a. in Abschnitt 4).

Hervorstechend ist im Breiten Weg vor allem das „Grüne Zitadelle“ genannte Hundertwasserhaus (fertiggestellt 2005) am Domplatz. Relativ mittig im Südabschnitt des Breiten Wegs gelegen, erzeugt das abwechslungsreiche Gebäude mit kleinen Läden, Café, Theater, Innenhöfen, Bäumen, Wohnungen und Kindergarten ein städtisches, mitunter touristisches Flair.


Der weitere Aufbauprozess rund um den Domplatz ist immer noch im Gange. Einige historische Gebäude erstrahlen schon länger in altem Glanz, wie das Gebäude der Reichspost (erbaut 1895-1899) neben der katholischen Kathedrale. In der Reichspost ist heute ein Justizzentrum mit mehreren Gerichten untergebracht (aber eine Postfiliale ist auch noch drin).
Andere Gebäude wurden erst kürzlich saniert, etwa die Alte Reichsbank (erbaut 1921-23) in Nachbarschaft des (heute evangelischen) Doms (1207-1363), der dank seiner gothischen Architektur auch eine touristische Sehenswürdigkeit ist. Im Reichsbank-Gebäude waren nach dem Krieg die Staatsbank der DDR und nach der Wende eine Filiale der Bundesbank untergebracht (interessant, dass gerade da so eine Kontinuität vorherrschte).
Heute ist das Haus Standort des Dommuseums „Ottonianum“; außerdem wacht der strenge Blick eines steinernen Adlers über das Eingangsportal der Wohnungsgenossenschaft, der das Haus gehört.
Neubauten
Vom Domplatz zum Hasselbachplatz klaffte nach Abriss eines großen Plattenbaus mehrere Jahre eine Lücke. Die wird nun in großen Schritten gefüllt. Eine Herausforderung dabei ist sicher, die unterschiedlichen Stile von Hundertwasserhaus, Landesbank und Dommuseum einerseits zu verbinden mit dem gründerzeitlichen Hasselbachplatz andererseits.




Der Südabschnitt des Breiten Wegs ist nicht die einzige Stelle der Straße, wo in kurzer Zeit neue Großbauten aus dem Boden gestampft werden. Weiter nördlich, am Alten Markt, bauen die Magdeburger Stadtwerke ihren neuen Firmensitz. Bis zum Abriss 2016 befand sich dort ein großer, 1967 errichteter Plattenbau, der nur als „Blauer Bock“ bekannt war.


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